31. Dezember. Tagsüber ist es relativ ruhig. Gelegentlich zünden Jungs auf der Straße ein paar Böller. Die Kids sind gerne in Gruppen unterwegs, werfen ihre Knaller in Hauseingänge und laufen nach dem Anzünden der Lunten schnell weg. Das Gemeinschaftserlebnis scheint ihnen Spaß zu machen. Irgendwie sind sie an die Kracher gekommen. Wissen ihre Eltern davon? Ansonsten ist es ruhig. Die Feier findet erst Abends statt und die Einkäufe scheinen erledigt zu sein. Gegen 19 Uhr findet die erste große Welle der Detonationen statt. Man hat gegessen und nun geht (Groß-)Vater mit den Kleinkindern raus. Die sollen was zu sehen und hören bekommen. Währenddessen räumt Mutter den Tisch ab.

In vielen Wohnungen verkrümeln sich verängstigte Hunde in Ecken, die sie sonst nicht aufsuchen. Selbst in den Badewannen suchen sie Schutz. Das Knallen geht ihnen mächtig auf die Nerven. Gebell hört man nur selten. Auf den Straßen ist immer wieder Gegröhle zu hören. Da sind einige lange vor Mitternacht besoffen. Wie lange werden die noch durchhalten? In den mehrstöckigen Mietwohnungen finden Dramen statt. Irgendwo laufen ausgewachsene Feten, laut und unangekündigt. Den direkten Nachbarn, eine andere Alterklasse, bleibt das sorgsam vorbereitete Fondue im Hals stecken. So hatte die sich den Jahreswechsel nicht vorgestellt. Im Hausflur wird eine Scheibe eingeschlagen, lautes Geschrei und Türenschlagen; eine Spannung in der Familie löst sich. Aber in dieser Nacht ruft man deswegen keine Polizei. Sie würde sowieso nicht kommen. Vor zwei Uhr morgens ist da nichts zu machen und ob dann noch ein Streifenwagen Zeit hat? Es ist keine normale Nacht. Schwaden von Stoffen, die beim Abbrennen des Feuerwerks entstehen, ziehen schon Stunden vor Mitternacht durch die Luft. Allergiker und Astmatiker bleiben hinter geschlossenen Fenstern. Ihre Medikamentendosis wurde zum Anlass erhöht.

Allmählich geht es auf Mitternacht zu. Sektkorken knallen. Gläser werden gefüllt. Pfannkuchen oder Berliner werden serviert. Die Blicke zur Uhr häufen sich. Wann ist es soweit? Singles hoffen auf Nähe. Ab Mitternacht fällt man sich in den Gaststätten in die Arme, auch Unbekannten, heute darf man das und positioniert sich günstig bei den attraktiven Zielpersonen, vielleicht wird was draus. Blicke wurden schon getauscht. Die Kleidung passend zum feuchtfröhlichen Anlass gewählt. Heute muss es passieren. Die letzte Chance im alten Jahr oder schon die erste im Neuen? Egal, so wie es kommt.

Und dann geht die Knallerei richtig los. Raketen steigen empor und explodieren in leuchtenden Farben. Ein prachtvolles wildes Feuerwerk wird abgefackelt. Nach einer Stunde ist es fast vorbei. Millionen Euro gehen in Flammen auf, ein kurzes, lautes, schönes und gefährliches Vergnügen. Die Feuerwehr muss los. Hier und dort fängt etwas Feuer oder verletzt sich jemand durch die Sprengkörper. Gegen 1 Uhr flackert der Krach am Pekinger Platz im Berliner Sprengelkiez nochmal auf. Mächtige Böller werden gezündet. Die Druckwellen bringen Wände ins Schwingen. Ein paar heisere Kehlen schreien „Allah“. Nanu? Wahnsinnskracher detonieren. Ein vorsichtiger Blick aus dem Fenster beruhigt. Es ist immer noch Silvester und kein Aufstand mit Migrationshintergrund, obwohl die aufgeregten Stimmen vermuten lassen, dass eine arabische Gruppe unter Beschuss steht. Nur sind es ihre eigenen Kracher, welche die Aufregung verurachen. Ihre Straßenecke sieht aus wie ein Gefechtsstand außer Kontrolle. Wie kommen die in so eine Stimmung ohne zu saufen? Das neue Jahr beginnt.
Ich wünsche allen fleißigen Lesern und Fans dieses Blogs ein glückliches, erfolgreiches und liebevolles Jahr. Mögen sich alle Wünsche für Euch erfüllen.
Die Beschreibung des Jahreswechsels ist sehr treffend. Überall laufen die gleichen Rituale ab. Heute wird der „Kater“ mit Rollmöpsen und ausreichend Kaffee vertrieben. Der Geist klart sich endlich wieder auf, die Realität bahnt sich ihren Platz.
Die Tiere tun mir jedesmal Leid. Hunde, Katzen, Vögel und andere Tiere haben empfindliche Gehöre. Die wissen doch gar nicht, was mit ihnen geschieht.