Scheinheilige Politik gegen den Flughafen Berlin Brandenburg

Keine Flugrouten über Berlin - Aktuelles Wahlplakat der CDU in Zehlendorf
Keine Flugrouten über Berlin - Aktuelles Wahlplakat der CDU in Zehlendorf

In Zehlendorf überrascht die CDU anläßlich des Wahlkampfes derzeit mit solchen Plakaten. „Keine Flugrouten über Berlin“, heißt die Parole. Das kann sich nur auf den Flughafen Berlin Brandenburg beziehen. Wikipedia beschreibt die historische Rolle der CDU in diesem Zusammenhang folgendermaßen: “ … Der Standort Schönefeld wurde im Raumordnungsverfahren als ungeeignet qualifiziert. Dagegen intervenierten insbesondere der damalige Berliner Reg. Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und sein Parteifreund, CDU-Fraktionsvorsitzender und Immobilienbanker Klaus-Rüdiger Landowsky. … „

Seit Jahrzehnten leben trotz CDU  und den anderen Parteien Hunderttausende von Berlinern in Stadtteilen, die im Tiefflug von Flugzeugen überflogen werden. Diese Bürger ertragen Tag für Tag den Lärm der auf dem Flughafen Tegel startenden und landenden Maschinen. Zu den betroffenen Stadtteilen gehören Spandau, Tegel, Reinickendorf und Pankow. 2008 wurde der Flughafen Berlin-Tempelhof geschlossen. Die dort startenden und landenden Flugzeuge flogen dicht über Neukölln und Tempelhof hinweg. Die Belastung der Bürger, die  sich aus dem innerstädtischen Flugverkehr ergeben, sind hoch und daher war es konsequent, nach einer anderen Lösung zu suchen. Zukünftig wird der Flughafen Berlin Brandenburg (BBI) südlich von Berlin den gesamten zivilen Flugverkehr für Berlin übernehmen. Doch ist der BBI umstritten. Nun fürchten Bürger in anderen Stadtteilen, die bislang ein vom Flugverkehr ungetrübtes Dasein pflegten, unzumutbare Belastungen durch neue Flugverkehrsrouten.

Schauen wir uns mal die aktuelle Lage im Berliner Stadtteil Wedding beim Kurt-Schumacher-Platz an. Die hier im Landeanflug befindlichen Flugzeuge fliegen gerade mal 80 Meter über den Dächern und verursachen ernorme Lärmbelastungen.

9. 8. 2011. Berlin. Tegel. Flugzeuge im Anflug auf den Flughafen Tegel.
9. 8. 2011. Berlin. Flugzeug im Anflug auf den Flughafen Tegel.
9. 8. 2011. Berlin. Tegel. Flugzeuge im Anflug auf den Flughafen Tegel.
9. 8. 2011. Berlin. Kurt-Schumacher-Platz. Flugzeug im Anflug auf den Flughafen Tegel.
9. 8. 2011. Berlin. Tegel. Flugzeuge im Anflug auf den Flughafen Tegel.
9. 8. 2011. Berlin. Wedding. Afrikanisches Viertel. Flugzeug im Anflug auf den Flughafen Tegel.

Möchten  Sie  dort wohnen? Ortsfremde würden so einen Zustand in einem Land der dritten Welt vermuten,  aber kaum im modernen Deutschland. Doch ist das die alltägliche Realität für viele in Berlin.

In den noblen Stadtteilen Zehlendorf und Wannsee, aber auch in Potsdam, existiert ein Widerstand gegen die Flugrouten beim BBI, die nach dessen Inbetriebnahme über bewohnte Gebiete führen. Die dort ansässigen Bürger, denen aufgrund der größeren Flughöhe nicht annähernd die gleichen Belastungen wie sehr vielen Menschen in der Innenstadt zugemutet werden, äußern Proteste. Sie hängen bedruckte Planen auf, die ihn ausdrücken.
Bemerkenswert ist deren Titel: „Keine Flugrouten über Berlin“
Merkwürdigerweise scheint niemand an die vielen Menschen zu denken, die seit langem mit den Belastungen des bestehenden innerstädtischen  Flugverkehrs leben müssen. Sie haben keine Lobby. Keine Partei brüstet sich damit, dass ihnen in Zukunft ein ungestörteres Wohnen möglich sein wird.  Auch ist bei allen Protesten der südlichen Berliner unseres Wissens nach nie ein  Wort des Bedauerns für die heute Betroffenen geäußert worden. Offenbar sind die Spandauer, Pankower, Reinickendorfer und Tegeler in den Augen der wohlhabenden Zehlendorfer Menschen zweiter Klasse, die den lauten Flugverkehr weiterhin wegstecken sollen, damit erfolgreich gegen den Betrieb des BBI angegangen werden kann. Oder wollen wir den Flugbetrieb ganz einstellen?

Diese  Thematik wird im aktuellen Berliner Wahlkampf aufgegriffen. Als Renate Künast antrat, um sich als Bürgermeisterin für Berlin wählen zu lassen, machte sie gleich den BBI zum Thema.  Ihre Auftritte suggerierten, dass mit ihr die erwarteten Beeinträchtigungen durch den BBI nicht stattfinden würden. Sie hatte dessen Funktion als internationales Drehkreuz in Frage gestellt, vermutlich um die Anzahl der Flüge gering zu halten und damit die Notwendigkeit des gleichzeitigen Betriebs von zwei Startbahnen, der eine Flugroute über Lichtenrade und Wannsee bedingen würde. Aber wie soll diese Reduzierung umgesetzt werden?

Sollte der Flughafen Tegel erhalten bleiben oder Berlin eine reduzierte Fluganbindung erhalten? Letzteres konnte kaum ihre Absicht gewesen sein. Als Spitzenpolitikerin dürfte sie die Bedeutung und Notwendigkeit eines dichten internationalen Flugverkehrs für eine wirtschaftlich gut aufgestellte Stadt kennen.

Keine Flugrouten über Berlin
Keine Flugrouten über Berlin
Kein Fluglärm über Potsdam
Kein Fluglärm über Potsdam

5 Gedanken zu „Scheinheilige Politik gegen den Flughafen Berlin Brandenburg

  1. Ich finde ja dieses ganze Theater wegen den Flugrouten mittlerweile nur noch traurig. Die Leute tun ja gerade so, als ob die Flugzeuge durch ihr Schlafzimmer fliegen würden. Ich habe selbst jahrelang direkt neben der Startbahn vom Flughafen Tegel gearbeitet. Wenn ich aus dem Fenster geschaut habe habe ich direkt auf die Flieger gesehen. Und trotzdem war die Lautstärke erträglich. Klar, wenn man im Sommer das Fenster auf hatte, dann konnte man mal am Telefon nichts verstehen für ein paar Sekunden wenn grad einer gestartet ist, aber ansonsten war es ruhig. Und jetzt regen sich die Leute auf, die noch Kilometer weit weg wohnen… Das ist genauso als würden sich Anwohner am Leopoldplatz über die Flugroute nach Tegel beschweren.

    Jetzt mal echt: Jeder der an nem Flughafen wohnt wird sich ja wohl bewusst sein, dass es da auch Fluglärm gibt. Das ist genauso bescheuert wie Leute, die mit ihren Kindern in den Straßenstrich ziehen und sich dann beschweren, dass dort leichte Mädchen stehen, oder neben eine Müllverbrennungsanlage oder auf einen Bauernhof und sich dann über den Gestank beschweren, oder in eine Hauptverkehrsstraße und sich dann über die vielen Autos beschweren. Es gibt Leute die wohnen unter ner Autobahnbrücke! Und es gibt sowas wie Schallschutzdämmung und Schallschutzfenster. Wobei die Lärmbelästigung wohl nun wirklich minimal sein dürfte, da machen die nachts um ein Uhr herumstreunenden Kiddys hier im Kiez, die pfeifend, brüllend und Böller-werfend um die Häuser ziehen, garantiert mehr Lärm!

    Irgendwo muss der Flughafen ja nunmal sein, und irgendwo müssen auch die Flugrouten entlang gehen. Genauso wie irgendwo auch eine Müllverbrennungsanlage sein muss und ein Straßen… Naja, ok… Der vielleicht nicht. 🙂 Aber es ist doch nun wirklich beschämend, wenn die zweitgrößte Stadt Europas es nicht mal gebacken bekommt Nachtflüge zu realisieren. Und sowas nennt sich dann Drehkreuz Europas…

  2. Werte Nachbarn, „zu kurz gesprungen“ würde ich sagen;-) Wir sind 2006 aus der unmittelbaren Einflugzone Tempelhof nach Kleinmachnow gezogen. Einerseits, weil wir es leid waren, die Dachterrasse nicht nutzen zu können, andererseits, weil wir auch gerne etwas mehr Grün haben wollten. Dafür haben wir teures Geld bezahlen müssen. Und: Wir haben uns vorher am Flughafen informiert, wo Ruhe ist und wo störende Flugzeuge durch Schönefeld-Neu zu erwarten sind. Erst danach haben wir unsere Entscheidung getroffen.
    5 Jahre später – wir haben uns für den Hausbau hoch verschuldet – zeigt uns die Deutsche Flugsicherung und mit ihr die Berliner und Brandenburger Landesregierung den Stinkefinger. Und nicht nur uns: Weit über 600.000 Menschen werden von dem im übrigen nicht planfestgestellten internationalen Drehkreuz betroffen sein. Nichtplanfestgestellt heißt: Es wurde eindeutig festgehalten, im Planfeststellungsverfahren wie im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, dass Schönefeld-Neu lediglich ein mittlerer Regionalflughafen wird und eben kein internationales Drehkreuz.
    Aufgefundene Unterlagen wie Fax-Nachrichten und E-Mails belegen inzwischen, dass Flughafen, Flugsicherung und die Brandenburger Landesregierung sogar das Bundesverwaltungsgericht zum Narren gehalten haben, indem sie die Verlärmung des gesamten Berliner Südens bewusst verschwiegen haben.
    Darum geht es uns hier und um nichts anderes. Selbstverständlich ist die Situation in Tegel untragbar, so wie sie in Tempelhof, 40 m über unserem Dach ebenso untragbar war, das ist doch überhaupt keine Frage. Der Unsinn ist aber, den einen Flughafen in der Stadt zu schließen und einen neuen gerade in der städtebaulichen Lücke zwischen Berlin-Lichtenrade auf der einen und Neukölln auf der anderen Seite anzusiedeln und den dann auch noch mit wachsendem Fluverkehr in Richtung internationales Drehkreuz mit unbegrenztem Nachtflug haben zu wollen.
    BTW: Wer Tegel und Tempelhof aus der unmittelbaren Einflugschneise kennt, sollte sich mal ansehen, was die Planer mit Blankenfelde-Mahlow gemacht haben. Tegel schließen und die neue Start-Landebahn exakt mit der Zielrichtung auf den Ortskern Blankenfelde zu bauen, das zeugt schon von ganz besonderer Dummheit. Zumal auch die internationalen Regeln der ICAO eine solche Start- und Landebahn als unzulässig erklärt.

  3. Flugzeuge machen Lärm und sind eine potenzielle Gefahr. Irgendwo werden sie starten und landen müssen. Aufgrund der gewachsenen Ortschaften werden immer bewohnte Gebiete fühlbar unter den Start- und Landeflügen liegen. Es ist absolut nachvollziehbar, dass die betroffenen Personen dagegen protestieren. Südliche Ausläufer von Lichtenrade werden das verstärkt mitbekommen. Blankenfelde-Mahlow ist ohnehin in der Schusslinie und Bohnsdorf hat eindeutig die Arschkarte gezogen. Das ist aber nichts Neues. Fährt man mit Google Earth um Berlin herum, ist es gar nicht einfach eine bessere Location zu finden. Vielleicht wäre Gatow der beste Ort gewesen. Ein Flugplatz muss sein, soviel steht fest. Anstatt „Keine Flugzeuge über Berlin“ zu fordern und damit den eigenen Bezirk zu meinen brauchen wir eine starke gesamt Berlin umfassende Initiative für wesentlich leisere Flugzeuge. Dehnen wir das auf Hubschrauber, die über der City reichlich Lärm verursachen aus und fordern realitische Grenzwerte nebst deren stufenweise Herabsetzung. Das wäre der richtige Weg.

  4. @ Udo: Deine alte Dachterrasse hättest du ab Herbst 2008 endlich ungestört nutzen können. Die Nachmieter werden das Ausbleiben der Flugzeuge zu schätzen wissen. War nicht 2006 längst abzusehen, dass das Flugaufkommen von Schönefeld oder dem BBI zunehmen würde?
    Bedauerlich ist es allemale, wenn Fluglärm ein Wohnumfeld beeinträchtigt. Die armen Häuslebauer, die wegen der Ruhe in Gebiete außerhalb der Stadtmitte gezogen sind, müssen darunter leiden. So wie Oxly das mit seinen Bildern zeigt, kann es aber mitten in Berlin nicht weitergehen. Flugzeuge, die zum Greifen nahe über den Häusern fliegen, gehören da nicht hin.
    Unsere Gesellschaft hat Bedürfnisse, die mit Beeinträchtigungen einhergegen. Am Rande meines Heimatdorfes wurde eine Stromtrasse gebaut und unter den Leitungen befinden sich neue Einfamilienhäuser. Manchmal hört man ein Knistern. In anderen Gemeinden klagen Leute über Windkrafträder. Irgendwo müssen Leitungen gelegt oder Straßen gebaut werden oder Strom erzeugt und Schweine gezüchtet werden oder Flugzeuge starten und landen. Bürgerinitiativen bzw. die Politik sollten nicht nur mit der Forderung „Nicht bei uns“ agieren sondern Lösungen vorschlagen, die das Problem nicht nur loakl verlagern.

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