Bauarbeiten, Dreck und Lärm ohne sichtbares Ende

1. November 2014. Eigentlich sollte das Haus im Berliner Sprengelkiez, in dem ich wohne, längst mit einer neuen Fassade glänzen. Jedoch sind die Bauarbeiten, die ursprünglich bis Ende Oktober 2013 angekündigt waren, immer noch nicht abgeschlossen. Der Blick aus dem Fenster ist deprimierend. Ein Gerüst steht davor, verhangen mit einem grünen Netz, damit keine Teile herunterfallen.

Von Montag bis Freitag sind die Bauarbeiter auf den Brettern des Gerüstes unterwegs. Sie reden laut, lassen sich Zeit und verursachen eine Menge Dreck, der als feiner Staub in die Wohnungen gelangt. Die Ritzen der alten, undichten Fenster wurden nicht abgeklebt und auch durch die Haustür bringt Zugluft Staub von den Arbeiten im Innenhof und aus dem stets verdreckten Flur in die Wohnungen, die schon lange nicht mehr wirklich sauber zu bekommen sind. Die Bauleiterin behauptet, dass der Staub unbedenklich sei. Woher sie diese Weisheit hat und inwieweit sie zutrifft, entzieht sich meiner Kenntnis. Mein Husten sagt mir etwas anderes.

Bauschutt auf dem Balkon
Bauschutt auf dem Balkon

Die zeitlichen Angaben der immer flüchtiger anzutreffenden Bauleiterin haben sich stets als falsch erwiesen. Nachdem die Bauarbeiten zuerst im Herbst 2013 beendet sein sollten, wurde dieses Jahr bei Begegnungen mit der Bauleiterin im Hausflur mitgeteilt, dass alles bis Ende Oktober diesen Jahres abgeschlossen sein würde. Das Dach wurde erneuert und im Innenhof sind die Gerüste verschwunden, doch von Fertig kann keine Rede sein.

Eine Mieterin im Hinterhaus erzählte von den Reparaturen ihrer Fensterrahmen. Sie fand vor wenigen Tagen statt. Es war kalt, Fenster wurden ausgehängt und nach dem Streichen der Rahmen sollten sie nicht gleich geschlossen werden. Bei Tagestemperaturen unter 14° und nachts kurz über dem Gefrierpunkt war das eine beträchtliche Zumutung. Immerhin schafften die Arbeiter das innerhalb von zwei Tagen.

Blick aus dem Fenster. Gerüst mit grünem Netz
Blick aus dem Fenster. Gerüst mit grünem Netz

In diesem Jahr erfuhren einige Altmieter, dass die Kohleöfen aus ihren Wohnungen entfernt und stattdessen Gasheizungen eingebaut wurden. Die Mieterhöhungen um monatlich rund 70 € waren hinzunehmen. Begründet wurde diese Maßnahme mit maroden Schornsteinen. Im vergangenen Jahr wurde sie nicht angekündigt und in diesem Bezirk mit nicht wenigen Anwohnern mit geringen Einkünften war dies für einige eine unangenehme Überraschung, wenngleich eine Gasheizung mehr Komfort bietet als die staubige Kohleheizung. Für das Haus dürfte das Entfernen der Kohleöfen sicherlich positiv sein. Im Hinterhof wird es nicht mehr nach dem Kohlestaub riechen, keine Plastikmülltonne wird mehr durch heiße Asche schmelzen und die Keller werden nicht mehr durch Kohleeinlagerungen verdreckt. Jedoch sollte man so etwas vorher ankündigen und die genervten Mieter nicht während einer stark verlängerten Bauzeit unerwartet mit dieser Nachricht erschrecken, zumal einige mit Holz heizten, dass sie aus irgendwelchen Quellen kostenlos bekamen.

Mehrmals wurden Mieterversammlungen angekündigt, um die Bewohner des Hauses über anstehende Veränderungen zu informieren und mit ihnen zu diskutieren. Doch dazu ist nie gekommen, obwohl Räumlichkeiten zu Verfügung stehen und viele gerne nähere und verlässliche Informationen bekommen hätten. Es ist nachvollziehbar, warum es bisher zu keiner Versammlung kam. Der Unmut über die unfassbare Verlängerung der Bauarbeiten, das Leben im Dreck und Lärm sowie einiger Pfusch, wie billige Spülkästen in WCs, die nicht ordnungsgemäß funktionieren und eine chaotisch anmutende Ankündigung von Ereignissen, könnten eine Versammlung rasch zu einer Unmutsdemonstration der Mieter geraten lassen. Verständlich wäre es allemale.

Die Mieter können nichts gegen die Belastungen durch die anhaltenden Bauarbeiten machen. Zwar gäbe es die Möglichkeit, auf dem Rechtswege den Versuch zu starten, eine Mietminderung wegen Bohr-und Hammergeräuschen, Stemmarbeiten, Baulärm, Schmutz, Baugerüst und dergleichen mehr zu erwirken, doch ist ein Rechtsstreit nervenaufreibend, zeitintensiv und kostet Geld. Protokolle sind zu führen, Zeugenaussagen zu erwirken, Fotos zu machen und mehr. Gemäß § 535 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Wohnung während der Mietzeit zu gewähren und sie ihm in einem vertragsgemäßen Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Letzteres verpflichtet zur Sanierung, falls Mängel vorhanden sind. Doch eine Sanierung, die für neun Monate angekündigt war und nach einer unangekündigten Verlängerung über zwölf Monate immer noch nicht abgeschlossen ist, ist durch den Dreck und Lärm, durch Gerüste und lange Unbrauchbarkeit von Balkons eine Zumutung, die nach einer rechtlichen Auseinandersetzung sicherlich zu einer Mietminderung berechtigt. Doch sind die paar Euro ein angemessener Schadensersatz für die lange und intensive Beeinträchtigung der Lebensqualität in einem Wohnhaus? Wohl kaum. Eine Referenz für die Bauleitung und die Hausverwaltung kann dieses Haus nicht sein.

Die Fortschritte sind sichtbar, doch nicht ein Datum des Abschlusses. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden die Arbeiten im kommenden Jahr fortgesetzt. An den Fenstern vieler Wohnungen ist einiges zu reparieren. Dafür ist es bereits zu kalt. Wenn die Maler im nächsten Jahr erscheinen, müssen Sie in die Wohnungen herein, denn die Gerüste werden abgebaut sein.

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