Mythos BER. Vom neuen Berliner Flughafen

Im Jahre 2012, kurz vor der angekündigten Eröffnung des neuen Flughafens Berlin Brandenburg „Willy Brandt“, muss irgendjemand dem Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit gesteckt haben: „Wowi, wie sollen die Fluggäste eigentlich zum Flughafen gelangen? Während des Berufsverkehrs kannst du das knicken!“ So könnte es gewesen sein, denn an Zeit, Geld und Personal zum Bau eines Flughafens hat es wahrlich nicht gemangelt. Doch erreichbar muss er sein.

Gestern berichtete eine Zeitung über die Insolvenz einer weiteren Planungsgesellschaft, die am BER-Projekt beteiligt war. Sie beschäftigte 90 Mitarbeiter an fünf Standorten. 90 Mitarbeiter? Moment mal; dazu zählen nicht nur Sachbearbeiter sondern auch hochbezahlte Ingenieure, Architekten und andere Fachkräfte. Angenommen, jeder Mitarbeiter kostete im Durchschnitt mit allem Drum und Dran 4000 € monatlich, dann brauchte dieses Planungsbüro jeden Monat 360.000 €, um diese Kosten zu decken. Zuzüglich der Mehrwertsteuer, Verfahrens-, Sachmittel-, Miet- und sonstiger Kosten konnte der Geldbedarf kaum unter einer halben Million Euro monatlich gelegen haben. Eher mehr. Der finanzielle Bedarf zur Aufrechterhaltung eines solchen Planungsbüros beträgt vermutlich zwischen fünf bis zehn Millionen Euro jährlich.

Flugzeug dicht über der Müllerstraße. Wen juckt's, Herr Bürgermeister?
Flugzeug dicht über der Müllerstraße. Wen juckt’s, Herr Bürgermeister?

Damit wird ein grundsätzliches Problem des Flughafens BER beschrieben. Nur solange ein Planungsbedarf existiert, benötigt man ein Planungsbüro in diesen Dimensionen. Das heißt, ist der Flughafen fertig und im Betrieb, wird das Planungsbüro nicht oder nur in einer winzigen Dimensionen für Anpassungen benötigt. Bezahlt wird nicht nach Leistung, sondern nach zeitlicher Beteiligung am Gesamtwerk. Wobei dieses in die sogenannten Gewerke aufgeteilt wird, die vorab durch Ausschreibungen vergeben werden. In dem Zuge werden sie hinsichtlich ihres Aufwands, auch monetärer Art, bewertet. Daraus ergibt sich unter anderem ein Finanzbedarfsplan, der seine Gültigkeit verliert, wenn die Dinge nicht so laufen, wie sie geplant wurden.

Beachtlich ist es, dass das nun in die Insolvenz geratene Unternehmen seit 2004 zur Planungsgemeinschaft BBI gehörte, erst jetzt Pleite machte. Wie konnte es angehen, dass Planungsunternehmen in der Dimension noch Jahre über den ursprünglich vorgesehenen Eröffnungstermin hinaus finanziert wurden? Eine wahre Absicht, den BER fertigzustellen und den Flughafen Tegel zu schließen oder den dortigen Flugbetrieb erheblich zu reduzieren, um die städtische Bevölkerung in den Flugschneisen deutlich zu entlasten, kann nicht mehr angenommen werden.

Schon die Ankündigung, dass Klaus Wowereit den Posten des Aufsichtsratschefs des BER zurückerhalten soll, spricht Bände. Erneut wird der Bock zum Gärtner gemacht. Arm, aber sexy oder eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus, lautet das Motto dieses Theaterstücks. 5 Milliarden € hat die Party bislang kostet. Zur Eurokrise hieß es aus Brüssel: „Der Gipfel liegt im Nebel.“ Gleiches gilt für den möglichen Eröffnungstermin des BER.

Vermutlich wird er nie in Betrieb genommen. Es mehren sich Meldungen, denen zufolge der Baugrund unterhalb der in den letzten Jahren gemiedenen An-und Abflugkorridore beim neuen Flughafengelände teurer wird. Offenbar rechnen einige Menschen nicht mehr mit einem Flugbetrieb, wie uns ein mit Personal in verschiedenen Fluggesellschaften in Kontakt stehender Insider mitteilte. Noch sind es Vermutungen und Gerüchte. Möglicherweise wird eine Werbeagentur viel Geld damit verdienen, um die Botschaft, dass der BER geschreddert wird, annehmbar zu gestalten. Die Bürger der Bundesländer, die im Zuge des Länderfinanzausgleichs ihr Geld nach Berlin haben verschwinden sehen, um beim nächsten Hauptstadtbesuch verwundert auf maroden Straßen zu fahren, werden angesichts dieser sinnlosen Geldverschwendung erzürnt sein. Ein System, in dem eine derartige Geldwegnahme zu Gunsten von einigen Profiteuren in diesem sinnlosen Vorhaben sanktionslos von den Hauptverantwortlichen durchgeführt werden kann, ist absolut nicht gesund, auch wenn das Etikett ‚Demokratie‘ draufsteht. Die reichen Bundesländer wollen ihr Geld nicht in einem Milliardengrab verschwinden sehen, die an der südlichen Grenze Berlins zu Brandenburg lebenden Menschen wollen den Flughafen nicht, die vielen unter dem Betrieb des Flughafen Tegels leidenden Menschen interessieren niemanden. Wer viel fliegt, mag nicht zum Stadtrand fahren. Was sollte die gesamte Aktion? Egal, noch traut sich niemand, offiziell einen Schwamm darüber zu ziehen, obwohl sich der Ausgang des Spiels abzeichnet. Den BER wird es wahrscheinlich nicht geben, zumindest nicht am bislang vorgesehenen Standort.

4 Gedanken zu „Mythos BER. Vom neuen Berliner Flughafen

  1. 10.12.2013 – Kommentar über Facebook
    R. Müller: Schön zusammenkonstruiert. Mangelhafte Informationspolitik ist der beste Nährboden für Gerüchte, newahr, FBB

  2. 10.12.2013 – Kommentar über Facebook
    F. Deichmann: So abwegig ist die Darstellung nicht! Das was Thomas Gade spekuliert, das ist bereits des Öftern schon in Erwägung gezogen worden. Außerdem wäre es auch NICHT das erste Mal, das ein fertiges Milliarden-Bauwerk seinen Zweck nicht erfüllt und vor seiner eigentlichen Inbetriebsetzung gestoppt wird. Ich erinnere nur an das AKW Kalkar: 1985 nach 15 Jahren Bauzeit fertiggestellt, Kosten 7 Mrd. DM, 1991 aufgegeben ohne jemals in Betrieb zu gehen – heute Freizeitpark! Zudem spricht auch dafür, dass nach 10 Jahren bisher erst weniger als 1% aller anspruchsberechtigten Anwohner am BER Schallschutz haben und dies immer und immer weiter nach hinten herausgezögert wird! Vielleicht will man sich die 600 Mio. EUR schon mal sparen.

  3. 10.12.2013 – Kommentar von Facebook
    A. Koob: Was für ein Glück für alle Mieter in Wedding, Reinickendorf und Spandau. Erhielten vielen von denen doch schon Anfang 2012 Briefe von ihren Vermietern, dass die Miete ab Juni 2012 wegen des dann wegfallenden Fluglärms deftig erhöht werden sollte. So bleiben wenigstens in diesen Stadtteilen die Mieten nicht ganz unerschwinglich. Auch ich kann aus meinem Küchenfenster die Flieger gen Osten starten sehen und hören. Mich stört das überhaupt nicht – das ist Fernweh. TXL muss offen bleiben – eine Hauptstadt ohne innerstädtischen Flughafen wird auch von den Passagieren nicht geschätzt. Ich muss es wissen – arbeite ich seit 2008 in TXL und habe sehr viel Kundenkontakt. Ärgerlich ist nur, dass noch mehr Geld verballert werden wird, um diese peinlliche Posse elegant zu kommunizieren. Alle Verantwortlichen sollten sofort in Hartz IV geschickt werden.

  4. 12.12.2013 – Kommentar über Facebook
    R. Müller: Frau Koob, es gibt durchaus auch Mieter, die die besagten Briefe bekommen haben und nun die erhöhte Miete tatsächlich bezahlen, obwohl der Lärm sogar zugenommen hat. Es sind übrigens nicht alle der 300 000 vom Lärm betroffenen Anwohner Flughafenmitarbeiter, bei denen Fluglärm Fernweh auslöst. Bei einigen dürfte das eher für Kopf- und Ohrenweh, z.T. auch Herz oder Magenweh sorgen. Aus diesem Grund sind innerstädtisch gelegene Flughäfen anachronistisch und gehören schnellstmöglich geschlossen. Was ja Gott sei Dank auch geschehen wird, sobald der BER eröffnet ist.

Kommentare sind geschlossen.

Nach oben scrollen